Die Herrschaft Marzdorf im Jahr 1782

Vorbemerkung

Im März 1777 begann der preußische Staat im neu »aquirierten« Netzedistrikt mit der Einrichtung des ritterschaftlichen Hypothekenwesens, die ein Jahrzehnt später mit der Gründung der Westpreußischen Landschaft ihren Abschluss fand. Die Maßnahme geschah im Interesse des grundbesitzenden Adels, der damit rechtsverbindliche Besitztitel und staatlich abgesicherten Zugang zu zinsstabilen Krediten erhielt. Im Archiwum Państwowe in Köslin wird eine umfangreiche Akte des Amtsgerichts Märkisch Friedland verwahrt, die ursprünglich vom westpreußischen Hofgericht in Bromberg geführt wurde1Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156.. Die Akte behandelt die Einrichtung des Hypothekenwesens in der Herrschaft Marzdorf in den Jahren 1782 bis 1810 und ist eine wertvolle Quelle zur Lokal- und Reginalgeschichte des Deutsch Kroner Landes.

Marzdorf gehörte zu den vielen kleineren Herrschaften im Netzedistrikt, die ihren Besitzern »gegen vier bis sechs Tausend Thaler«2August Karl Holsche: Der Netzdistrikt ein Beytrag zur Länder- und Völkerkunde mit statistischen Nachrichten, Königsberg 1793, S. 209f. pro Jahr einbrachten und zwischen 100.000 und 150.000 Taler Wert waren. Bereits am 27. März 1777 hatte die Besitzerin der Herrschaft, Franciszka z Skoroszewskich Krzycka, ihrem Administrator Andreas Polzin eine umfassende Vollmacht zur »Einrichtung und Beantwortung der Puncten des Hypothequen-Wesens meiner Marzdorfschen Güter«3Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 29. erteilt. Franciszka von Krzycka lebte selbst nicht in Marzdorf; sie besaß mehrere weiteren Gutsherrschaften in Polen, in denen sie sich meist aufhielt. Die eigentliche Hypothekenakte beginnt am 25. Oktober 1782 als ihr Sohn Onuphrius von Krzycki dem Hofgericht in Bromberg mitteilte, seine Mutter sei »im Julio in Pohlen«4Laut Totenschein starb Franciszka von Krzycka am 25. Juni 1782 in Iwno im Posener Land. Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 121. verstorben, und »allerunterthänigst« um die »Bewilligung des Hypothequen Wesens« und des »Titulum Possessionis« für die »Marzdorfschen Erbgüter«5Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 10 u. 11. bat. Seinem Brief legte von Krzycki eine umfangreiche Schilderung der Verhältnisse in Marzdorf 6Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 12 bis 18. bei, die vermutlich Administrator Polzin erstellt hatte, und die ich im Folgenden wortgetreu wiedergebe.

Titelblatt der Hypotheken-Akte

Information zum Hypothequen-Buch

über die denen v. Kryckischen Erben zugehörigen im Cronschen Kreise belegenen combinirten Marzdorfschen Adlichen Allodial-Ritter-Güter, der Marzdorfsche Schlüssel genannt.

I. Von der Lage, Pertinentien und Gerechtsamen der Güter

  1. [Blatt 12 VS] Das Vorwerk und Dorf Marzdorf grenzt gegen Morgen mit dem adel. Gut Nakel, gegen Mittag mit dem Dorf Lubsdorf, gegen Abend mit dem Dorf Knakendorf, gegen Mitternacht mit den Dörfern Brunk und Prochnow an der Neumärkschen Gränze. Die Pertinentien und Regalien dieses Guts bestehen in einem beym Dorfe befindlichen und außerhalb dem Dorfe am jenseitigen Ufer des Sees Böthin noch besonders belegenen herrschaftl. Vorwerkes Dretz genannt, welche beyde Vorwerke jedoch nicht vermeßen sind, und in der Contributions Classification durch resp. 16 und 3 Hufen – mithin beide auf 19 Hufen angenommen worden; deren Natural-Diensten, Zinsen und Praestationen der allhie befindlichen 21 Zins- und Dienst-Bauern, imgleichen von 6 Koßäthen; so wie auf deren Natural-Diensten, Zinsen und Praestationen der 17 Zins- und Dienst-Bauern aus dem Dorfe Lubsdorf. Es befindet sich allhie ein herrschaftlichen Wohnhaus von Holz erbauet, und die nöthigen Wirtschafts-Gebäude, imgleichen einige Obst- und Gekoch-Gärten auch [RS] eine Schäferey, welche außerhalb des Dorfes am See Böthin erbauet ist. Die Privilegien und Gerechtsame des Dorfes bestehen in der hohen und niedern Gerichtsbarkeit, dem Patronat-Rechte über die im Dorfe befindliche römisch-katholische Kirche, in der Zehend-Gerechtigkeit von denen Unterthanen, und in der Metzfreyen Mahlgerechtigkeit auf der Tuetzschen Mühle über welche Mahl-Gerechtigkeit jedoch gegenwärtig mit dem Tuetz Dominio ein besonderer Rechtsstreit obwaltet; der Brau-Branntweinbrennerey- und Krugverlag- der höheren, mittleren und kleinen Jagd-Gerechtigkeit. Ferner hat dieses Gut auch gute Fischerey und etwas Mastholz, imgleichen die freye Hütungs-Gerechtigkeit reciproce auf den benachbarten Feldmarken und [Textverlust] Brüchen.
  2. Das Zins- und Dienst-Dorf Lubsdorf woselbst kein herrschaftliches Vorwerk befindlich ist, gränzt gegen Morgen mit Harmelsdorf, gegen Abend mit Knakendorf, gegen Mittag mit Stibbe und gegen Mitternacht mit Marzdorf. Aus diesem Dorfe sind die Einsaßen, ihre Dienste, Zinsen und sämmtl. Praestanda auf dem Hauptgute Marzdorf zu leisten, verbunden. Die Privilegia und Gerechtsame dieses Guts sind eben so, wie bey dem Haupt Gute Marzdorf. [Blatt 13 VS]
  3. Das Adel. Rittergut Brunk gränzt gegen Morgen mit dem Dorf Prochnow in der Neumark, gegen Abend und Mitternacht mit dem Dorfe Henkendorf, und gegen Mittag mit Marzdorf. In diesem Dorfe befindet sich ein unvermeßenes herrschaftl. Vorwerk, welches in der Contributions-Classification auf 7 Hufen angenommen ist, eine Schäferey und die nöthigen Wirtschafts-Gebäude. Die Pertinentien und Regalien dieses Guts sind die Zinsen, Natural-Dienste und übrigen Praestanda der Einsaßen dieses Dorfes. Die Privilegia und Gerechtsame dieses Guts bestehen, so wie bey Marzdorf, in der hohen und niederen Gerichtsbarkeit, dem jure Patronatus über die im Dorfe befindliche römisch-katholische Kirche, der Zehnend-Gerechtigkeit von denen Einsaßen des Dorfes, der Brau- und Branntweinbrennerey- und Krug-Verlag-Gerechtigkeit im Dorfe, der Hütungs-Gerechtigkeit auf dem zwischen Brunk und Knakendorf liegenden Gränzbruche, imgleichen die Holz- hohe- mittlere und kleinere Jagd-Gerechtigkeit in deren zu den übrigen combinirten Marzdorfschen Gütern gehörigen Wäldern, welche in ungetheilten Gränzen mit denen zu denen Tuetzschen und Nakelschen Gütern belegenen Wäldern zur Zeit noch in Communion stehen. [RS]
  4. Das Adel. Rittergut Stibbe gränzt gegen Morgen mit dem Dorfe Harmelsdorf, gegen Abend mit der Stadt Tuetz, gegen Mittag mit dem Dorfe Stralenberg, gegen Mitternacht mit dem Dorfe Lubsdorf. In diesem Dorfe befindet sich ein herrschaftliches Vorwerk, welches unvermeßen, und in der Contributions-Clasification auf 14 Hufen angenommen ist, eine Schäferey, und die nöthigen Wohn- und Wirtschafts Gebäude, ingleichen einige Obst- und Gekoch-Gärten. Es gehören zu diesem Gute auch zwey Seen und die Pertinentien, Regalien und Gerechtsame dieses Guts bestehen in den Zinsen, Natural-Diensten und übrigen Praetationen von den im Dorfe Stibbe befindlichen gesammten Einsaßen; nicht weniger [sind] die Zins- und Dienst-Dörfer Ruschendorf und Mellentin ihre bestimmten Naturaldienste bey diesem Vorwerk Stibbe zu leisten verbunden, der hohen und niederen Gerichtsbarkeit, dem jure patronatus, der Zehend-Gerechtigkeit von denen Unterthanen, und der Metzfreyen Mahl-Gerechtigkeit in der Tuetzschen Mühle, worüber doch gegenwärtig, und über 3 zu diesem Vorwerk in Stibbe gehörigen Wiesen ein besonderer Vindications-Prozeß mit dem Dominio zu Tuetz schwebt, der Holz-Gerechtigkeit in deren zu den übrigen combinirten Marzdorfschen, Tuetz- und Nakelschen Gütern gehörigen Wäldern, welche zur Zeit noch [Blatt 14 VS] in Communion steht, der Brau-Branntwein-Brennerey- und Krugverlag-Gerechtigkeit im Dorfe Stibbe und deren dazu gehörigen Zins- und Dienst-Dörfern Ruschendorf und Mellentin; ferner der hohen, mittleren und kleinen Jagd-Gerechtigkeit.
  5. Das Dienst- und Zins-Dorf Ruschendorf gränzt gegen Morgen mit dem Dorfe Dyk, gegen Mittag mit Mellentin, gegen Abend mit dem Dorfe Mehlgast, und gegen Mitternacht mit Stralenberg. Es ist in diesem Dorfe kein herrschaftl. Vorwerk, sondern die Einsaßen deßelben müßen ihre Dienste beym Vorwerk Stibbe liefern, und ihre Geld- und Natural-Zinsen an das Hauptgut Marzdorf abführen. Der Krug in diesem Dorfe wird aus Stibbe und Marzdorf mit Getränk verlegt. Bey diesem Dorfe befindet sich ein unschulicher Fichten-Wald, welcher mit dem Tuetzschen, Nakelschen und dem dazu gehörigen Dykschen Walde noch in Communion steht. Die Gerechtsame dieses Dorfes bestehen in der hohen und niederen Gerichtsbarkeit, dem jure patronatus über die im Dorfe befindliche römisch-katholische Kirche, der hohen, mittel- und kleinen Jagd-Gerechtigkeit, der Krug-Gerechtigkeit, und der Zehend-Gerechtigkeit von denen Einwohnern dieses Dorfes, auch der Metzfreien Mahlgerechtigkeit, so wie die Stibsche. [RS]
  6. Das Dienst- und Zins-Dorf Mellentin gränzt gegen Morgen mit Dyk, gegen Mittag mit Nikosken und Eichfier, gegen Abend mit Mehlgast, und gegen Mitternacht mit Ruschendorf. Die Einsaßen dieses Dorfes müßen ihre Zinsen und Natural-Praestanda an das Hauptgut Marzdorf abführen und ihre bestimmten Dienste beym Vorwerk Stibbe leisten, weil in diesem Dorfe kein herrschaftl. Vorwerk vorhanden ist. Der Krug wird allhier von dem Hauptgut Marzdorf und Stibbe mit Getränken verlegt. Bey diesem Dorfe befindet sich ein unschulicher herrschaftl. Fichten Wald, welcher so wie die Ruschendorfer Heide mit denen zu Tuetz, Nakel und Dyk belegenen Wäldern noch in Communion steht, in der hohen und niederen Gerichtsbarkeit, dem jure patronatus über die im Dorfe befindliche römisch-katholische Kirche, der Zehend-Gerechtigkeit von denen Einsaßen, der Fischerey- und Krugverlag-Gerechtigkeit, der hohen, mittleren und kleinen Jagd-Gerechtigkeit, der Metzfreyen Mahl-Gerechtigkeit in der Tuetzschen Mühle, welche aber itzt mit dem Dominio zu Tuetz in lite schwebt. [Blatt 15 VS]
  7. Das Dorf und Vorwerk Stralenberg gränzt gegen Morgen mit Preußendorf und Harmelsdorf, gegen Mittag mit Ruschendorf und Mehlgast, gegen Abend mit der Stadt Tuetz, und gegen Mitternacht mit Stibbe. In diesem Dorfe befindet sich ein herrschafl. Vorwerk, welches unvermeßen, und nach der Contributions Classification auf 7 Hufen angenommen ist. Bey diesem Vorwerk befinden sich die erforderlichen Wohn- und Wirtschafts-Gebäude, Obst- und Gekoch-Gärten, 3 Seen, Schäferey, auch eine Waßermühle im Dorfe, imgleichen ein Ficht- und ehemals Eichen-Wald. Die Pertinentien, Regalien und Gerechtsame des Dorfes bestehen in den Diensten, Zinsen und übrigen Natural-Praestationen der Dorfs Einsaßen, der hohen und niedrigen Gerichtsbarkeit, dem jure patronatus über die im Dorfe befindliche römisch-katholische Kirche, der Brau- und Branntweinbrennerey- und Krugverlag-, der hohen, mittlen und kleinen Jagd- der Zehend- und Metzfreyen Mahl-Gerechtigkeit in der hiesigen Waßermühle.

Alle diese vorbeschriebenen Pertinentien, Regalien und Gerechtigkeiten dieser gesammten Güter sind in deren hiebey verfügten Grundbriefen des mehreren umständlich beschrieben. [RS]

Titelseite der »Information zum Hypothequen Buch« aus dem Jahr 1782

II. Von öffentlichen Abgaben und Lasten

Von diesen gesammten Gütern wird nach dem hiebey in Abschrift angefügten Contributions Catastro jährlich an Contribution und zum Remissionsfond auch Tranksteuer an die Königl. deutsch-Cronsche Kreis-Casse entrichtet:

1.Von Marzdorf incl. Dretz und Schäferey Böthin
a. Contrib. u. Remissions Geld210 Rth67 Gr9 ₰
b. Tranksteuer25 Rth72 Gr
2.Von Lubsdorf
a. Contrib. u. Remissions Geld55 Rth78 Gr13 ₰
b. Tranksteuer8 Rth48 Gr
3.Von Brunk
a. Contrib. u. Remissions Geld92 Rth67 Gr9 ₰
b. Tranksteuer4 Rth72 Gr
4.Von Stibbe
a. Contrib. u. Remissions Geld153 Rth22 Gr
b. Tranksteuer3 Rth36 Gr
5.Ruschendorf
a. Contrib. u. Remissions Geld51 Rth45 Gr
b. Tranksteuer8 Rth24 Gr
6.Mellentin
a. Contrib. u. Remissions Geld66 Rth56 Gr4½ ₰
b. Tranksteuer12 Rth24 Gr
7.Stralenberg
a. Contrib. u. Remissions Geld89 Rth
b. Tranksteuer6 Rth30 Gr
[Summa]7Bis 1821 war in Preußen nur der Reichstaler (Rth) normiert, in den Provinzen galten unterschiedliche Kleinmünzsysteme. In Westpreußen und im Netzedistrikt entsprach ein Reichstaler 90 Groschen (Gr) zu je 18 Pfennigen (₰). Arnold, Küthmann, Steinhilber: Großer Deutscher Münzkatalog, 2018, S. 8. 789 Rth13 Gr9½ ₰

Außer diesen fixirten Königl. Contributions-Abgaben, u. der zum gegenwärtigen Festungs-Bau8Gemeint ist der Bau der Festung Graudenz in den Jahren 1776 bis 1789, für den besondere Steuern erhoben wurden. vorfallenden unbestimmten Kreis-Lasten sind diese Güter weiter keinen anderen adlichen Abgaben und Lasten unterworfen. [Blatt 16 VS]

III. Vom Nutzen der Güter

Nach der aus denen über diese Güter geführten Administrations-Rechnungen aufgenommenen Taxe ist der Werth nach einer resp. 3- und 6-jährigen genommenen Fraction genommenen Ertrags-Summe à 4 procent in Capital

1.von Marzdorf incl. Vorwerk Dretz cum pertinentiis42553 Rth17 Gr4½ ₰
2.von Lubsdorf6642 Rth13 Gr14¼ ₰
3.von Brunk14550 Rth45 Gr
4.von Stibbe18973 Rth60 Gr
5.von Ruschendorf6966 Rth63 Gr
6.von Mellentin9705 Rth83 Gr11¼ ₰
7.von Stralenberg9929 Rth13 ₰
Facit109321 Rth13 Gr17 ₰

IV. Namen der Besitzer und Titulo possessionis

Diese gesammte Marzdorfsche Güter, der Marzdorfsche Schlüssel genannt, sind nebst deren angränzenden Tützschen und Nakelschen so genannten Schlüsseln seit 1511 ursprünglich Familien- und Bann-Güter derer von Wedel Tuczynski gewesen. Der letztere Andreas v. Wedel Tuczynski starb 17199Andreas Joseph von Wedel-Tuczyński starb 1717; die Beisetzung fand am 15. Juni 1717 in Tütz statt. Ein Erbteilungsvertrag wurde jedoch erst 1719 verfasst. Eine Abschrift des in lateinischer Sprache verfassten Dokuments finden sich auf den Blättern 31 bis 34 der Hypotheken-Akte. ohne Leibes Erben, und es fielen nach dessen Tode die gesamten Güter an deßen leibliche Schwester Marianna von Wedel Tuczynska verehelicht gewesene von Mycielka und Radonska erblich zu. [RS]

Nach derselben Tode fielen diese genannten Güter ihrem einzigen am Leben gebliebenen Sohn, dem Kron-Truchseß Joseph von Mycielski als ein Eigenthum zu. Wie dieser v. Mycielski ebenfalls ohne Leiberben mit Tode abging, theilten sich daßelbe zwo leibliche Schwestern als

  1. die Theresia von Mycielska verehelichte Castellanin von Przement v. Skoroszewska
  2. die Constantia v. Mycielska verehelichte Kron-Unterstallmeisterin v. Poninska

nach dem sub № 1 hierbey gefügten Theilungs-Instrument im Jahre 174610Der in polnischer Sprache verfasste Erbteilungsvertrag, der am ersten Samstag nach dem Fest des heiligen Jakob im Jahr 1746 (also am 30. Juli 1746) vor dem Posener Grodgericht abgeschlossen wurde, findet sich auf den Blättern 37 bis 42 der Akte., von welchem wir deutsche Uebersetzung ad Acta zu nehmen gebehten wurden, in diese gesamten brüderlichen Güter. Die sub 1. benannte Theresia erhielt hiernach die in Polen liegenden, und die sub 2 aufgeführte Constantia die Marzdorf- Tuetz- und Nakelschen Güter zum Erbeigenthum.

Nach dem unbeerbt erfolgten tödlichen Hintritt dieser erwähnten Constantia von Mycielska verehelicht gewesene von Poninska sind die gesammten Güter, nämlich die Marzdorf- Tütz- und Nakelschen, ihrer [Blatt 17 VS] ältesten Schwester der verehelicht gewesenen Theresia v. Skorszewska erblich zu. Und diese Theresia v. Skoroszewska als meine und meiner Geschwister leibl. Großmutter machte unter ihren Leibes-Erben noch bei ihrem Leben im Jahr 1759 eine Theilung der Marzdorf- Tuetz- und Nakelschen Güter; nach welcher selbige die Marzdorfschen Güter, besagen der Resignation sub № 2, so wie selbige darinnen benannt sind, ihrer leibl. einzigen Tochter, meiner leibl. Mutter, der verstorbenen Castellanin von Krzywin, Francisca gebohrene von Skoroszewska verehelicht gewesene von Kottwitz-Krzycka im Jahr 1759 erblich resignirt11Der in polnischer Sprache verfasste Teilungsvertrag, der am vierten Tag nach Misericordias Domini 1759 (also am 3. Mai 1759) vor dem Posener Grodgericht abschlossen wurde, findet sich in zwei Abschriften auf den Blättern 52 bis 55 sowie 117 bis 120 der Akte..

Besagen des Kauf-Contracts vom 19ten Octobr. 1781 sub № 3 kaufte meine sel. Mutter die verwitwet gewesene Castellanin v. Krzycka gebohrene v. Skoroszewska noch das Gut Stralenberg, welches ehemals zum Nakelschen Schlüssel gehörte, von dem v. Blankenburg auf Nakel und Friedland zu ihrem Marzdorfschen Schlüssel für ein Kaufpretium von 43.000 Fl. polnisch hinzu. Nach [RS] dem Tode dieser meiner leibl. Mutter bin ich mit meinen 3. Geschwistern derselben Erbe und Besitzer dieser Güter geworden; wovon ich doch noch die Abfindung in Annahme des Mutter-Erbtheils an meine übrigen 3. Geschwister nach der nächstens dieserhalb zu vollziehenden Auseinandersetzung zu bewirken verbunden bin.

V. An Real-Verbindlichkeiten, eingetragene Schulden, Cessions und Verpfändigungen

Auf diesen gesammten Gütern lasten als eine Real-Schuld, und wird zur Eintragung im Hypothequen Buch bis zur Bezahlung hiermit anerkannt:

  1. das zur Zeit noch zu bestimmende Mutter-Erbtheil meiner leibl. Geschwister
    • der verstorbenen Theresia v. Krzycka verehelicht gewesene v. Grudzinska nachgelassenen beiden Kindern,
    • die Eleonora von Krzycka verehelichte v. Grabska,
    • der Joseph v. Krzycki.
  2. das dem Baron Carl Dionysius v. Blankenburg auf Märkisch-Friedland als ein Residium des Kauf-Pretii des Gutes Stralenberg dannach schuldige Capital von 40000 polnischen Gulden auf Stralenberg.

Außer diesen hier bemerkten [Textverlust] Schulden und Forderungen, werden keine [Blatt 18 VS] anderen und mehrere Schulden zur Eintragung agnoscirt.

VI. Von denen dem Besitzer dieser Güter zugehörigen anderen Gütern

Ich der Onuphrius von Kottwitz-Krzycki und mein jüngerer leibl. Bruder Joseph von Kottwitz-Krzycki besitzen außer diesen Marzdorfschen, demnach in der polnisch Woyewodschaft Posen folgende Güter, als:

  1. Schilitz [heute: Sielec]
  2. Briesen [heute: Brzeźno]
  3. Olendri [heute: Olęndry]
  4. Ivnow [heute: Iwno]
  5. Viktorow [heute: Wiktorowo]
  6. Russza [heute: Rujsce]
  7. Chorzalki [heute: Chorzałki]
  8. Groß-Lanke [heute: Łęka Wielka]
  9. Osfieck [heute: Osiek]
  10. Pomotzne [heute: Pomocno]
  11. Zaorli [heute Zaorle]
  12. Groß-Vilkonitz [heute: Wilkonice]
  13. Klein-Vilkonitz [heute: Wilkoniczki]
  14. Bukowitz [heute: Bukowiec]
  15. Konkolewo [heute: Kąkolewo]
  16. Wriste Holländer
  17. Alberts-Holländer

deren Werth zu 4 proct. angeschlagen beträgt ein Capital von 240.000 PF.

Marzdorf d. 18. 8br. 1782
der Castellanitz Onuphrius v. Kottwitz Krzycki als Erbe seiner Mutter der verstorbenen Castellanin v. Krzycka.

✥ ✥ ✥

Soweit die Abschrift. Der preußischen Regierung reichten die Angaben, die Onuphrius von Krzycki gemacht hatte, freilich nicht aus. Zur »umständliche Aufnahme«12Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 9. weiterer Informationen reiste der Kreis Justiz Actuarius Christoph Zacha im Auftrag des Bromberger Hofgerichtspräsidenten von Kleist am 19. November 1782 von Schneidemühl aus nach Marzdorf. Über die Erkenntnisse der Reise wird im zweiten Teil dieses Beitrags berichtet.

Schreiben des Bromberger Hofgerichts an Zacha in Schneidemühl

Anmerkungen:

  • 1
    Acta des Amtsgerichts in Märkisch Friedland betr. die Einrichtung des Hypothekenwesens von dem zum Marzdorfschen Schlüssel gehörigen Allodial-Rittergute Marzdorf und dem dazu gehörigen Vorwerke Dreetz im Jahr 1782, Laufzeit 1782-1810, Fundort: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 26/112/0/3/156.
  • 2
    August Karl Holsche: Der Netzdistrikt ein Beytrag zur Länder- und Völkerkunde mit statistischen Nachrichten, Königsberg 1793, S. 209f.
  • 3
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 29.
  • 4
    Laut Totenschein starb Franciszka von Krzycka am 25. Juni 1782 in Iwno im Posener Land. Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 121.
  • 5
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 10 u. 11.
  • 6
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 12 bis 18.
  • 7
    Bis 1821 war in Preußen nur der Reichstaler (Rth) normiert, in den Provinzen galten unterschiedliche Kleinmünzsysteme. In Westpreußen und im Netzedistrikt entsprach ein Reichstaler 90 Groschen (Gr) zu je 18 Pfennigen (₰). Arnold, Küthmann, Steinhilber: Großer Deutscher Münzkatalog, 2018, S. 8.
  • 8
    Gemeint ist der Bau der Festung Graudenz in den Jahren 1776 bis 1789, für den besondere Steuern erhoben wurden.
  • 9
    Andreas Joseph von Wedel-Tuczyński starb 1717; die Beisetzung fand am 15. Juni 1717 in Tütz statt. Ein Erbteilungsvertrag wurde jedoch erst 1719 verfasst. Eine Abschrift des in lateinischer Sprache verfassten Dokuments finden sich auf den Blättern 31 bis 34 der Hypotheken-Akte.
  • 10
    Der in polnischer Sprache verfasste Erbteilungsvertrag, der am ersten Samstag nach dem Fest des heiligen Jakob im Jahr 1746 (also am 30. Juli 1746) vor dem Posener Grodgericht abgeschlossen wurde, findet sich auf den Blättern 37 bis 42 der Akte.
  • 11
    Der in polnischer Sprache verfasste Teilungsvertrag, der am vierten Tag nach Misericordias Domini 1759 (also am 3. Mai 1759) vor dem Posener Grodgericht abschlossen wurde, findet sich in zwei Abschriften auf den Blättern 52 bis 55 sowie 117 bis 120 der Akte.
  • 12
    Acta des Amtsgerichts …, a. a. O., Blatt 9.

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