Grundbuch Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 6 (1834-1937)
Der dritte Beitrag in der Serie über die historischen Grundakten im Archiwum Państwowe in Koszalin befasst sich mit der Akte Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nummer 6, die auf 233 einseitig paginierten Blättern die Erbpachtgerechtigkeit der Besitzerfamilien Neumann und Schulz behandelt1Sąd Obwodowy w Mirosławcu (Amtsgericht Märkisch Friedland): Marzdorf [Marcinkowice] Band I, Blatt 6 Seite 82 Besitzer: Felix Schulz, Laufzeit 1834-1937, Signatur 26/112/0/3/166 im AP Koszalin. – Im Folgenden zitiert als: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6.. Der Originaltitel der Akte lautet:
»Grund und Beilage Acten des Partrimonial Gerichts Marzdorf betreffend die Berichtigung des Besitztitels von der in Marzdorf belegenen Erbpachts-Gerechtigkeit auf 42 Morgen 35 Ruthen Acker[,] 2 Morgen 16 Ruthen Wiesen [und] 127 Ruthen Gartenland im Hypothekenbuche sub № Ⅵ verzeichnet.«2A. a. O., Umschlag.
Die vorliegende Grundakte ist von besonderem Interesse, weil sie in einigen Punkten an die bereits behandelten Akten anschließt und so einen Blick aus einer zweiten Perspektive erlaubt. Das älteste Dokument in der Akte ist der Erbpachtvertrag, den Carl Ferdinand Kloer am 19. Juni 1834 vor dem Patrimonialgericht in Marzdorf mit dem früheren Schullehrer Lorenz Neumann schloss. Die Ausgangssituation wird in Paragraf 1 des Vertrages wie folgt dargestellt:
»Es befindet sich der Lorenz Neumann seit mehreren Jahren im Besitze derjenigen Realitäten, welche der Bauer Stanislaus Kluck von hier zufolge des Regulirungs-Rezeßes vom 5. April 1826 an die hiesige Gutsherrschaft abzutreten verpflichtet ist.«3Erbpachtvertrag, verhandelt in Marzdorff am 19. Juni 1834. In: A. a. O., Blatt 13 VS.
Wie im ersten Beitrag dieser Reihe dargestellt, hatte der damalige Gutsherr von Marzdorf, Kalixtus von Grabski, im August 1808 den Kluck’sche Bauernhof – Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 1 – eingezogen und »eigenthümlich« an den Schullehrer Lorenz Neumann übergeben. Die Witwe Maria Kluck erhob dagegen Klage und bekam im Mai 1824 recht: Die Einziehung musste rückgängig gemacht werden. Zu diesem Zweck schloss von Grabski am 5. April 1826 einen Regulirungs- und Separations-Rezeß mit Stenzel Kluck, einem Sohn der Klägerin. Bei der Regulierung fiel – wie es üblich war – ein Drittel des Bauernhofs an den Gutsherrn und zwei Drittel wurden zu bäuerlichem Eigentum.
Aus dem obigem Zitat lässt sich nun folgern, dass von Grabski das beim Gut verbliebene Drittel gleich darauf an Neumann übergab, aber keine vertragliche Regelung darüber traf. Vermutlich war er zum Abschluss einer solchen auch nicht in der Lage, weil das hoch verschuldete Marzdorfer Gut seit mindestens Mai 1825 unter landschaftlicher Zwangsverwaltung stand4Öffentlicher Anzeiger zum Amts-Blatts der Köngl. Preuß. Regierung zu Marienwerder, Nr. 13 vom 1. April 1825, S. 99..
Im Januar 1832 fiel das Gut bei einer Zwangsversteigerung an Carl Ferdinand Kloer, der es aber erst im Verlauf des Jahres 1833 in Besitz nahm5Die Adjudikation zum Verkauf an Kloer erfolgte erst am 8. Dezember 1832. Siehe dazu: Brief von Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 18. März 1833. In: Königliches Civil-Kabinet: Reclamationen des Gutsbesitzers von Grabski, GStA PK, 1. HA, Rep. 89, Nr. 30899, unpaginiert.. Mit dem Erbpachtvertrag, den Kloer mit Neumann im Juni 1834 vor dem Patrimonialgericht in Marzdorf schloss, bereinigte er also eine lange verschleppte Angelegenheit. Interessant ist dabei, dass Kloer zum Mittel der Erbpacht griff und Neumann nicht zum Eigentümer der »Realitäten« machte, in deren Besitz er sich bereits seit mehreren Jahren befand.
Die Erbpacht war eine spezifische Form des Grundbesitzes, die in Preußen vor 1850 weit verbreitet war. Der Erbpächter zahlte dem Verpächter bei der Übernahme ein Erbstandsgeld und außerdem einen jährlichen unveränderlichen Pachtzins, den sogenannten Kanon. Rechtlich hatte er mit der Zahlung zwar nicht das Eigentum, aber den Besitz am Pachtgut erworben und konnte das Grundstück – die Zustimmung des Verpächters vorausgesetzt – verpfänden, vererben und sogar veräußern.
Das Instrument der Erbpacht wurde traditionell dort bevorzugt, wo unkultivierter oder wenig fruchtbarer Boden zu vergeben war. Das niedrige Erbstandsgeld erleichterte hier die Vergabe, während der unveränderliche Pachtzins den Pächter zu einer Verbesserung der Bodenqualität motivieren sollte.
Die Liberalen in Preußen sahen in der Erbpacht seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts ein feudales Relikt und traten für die Aufhebung ein, die 1850 auch erfolgte6Zur Debatte um die Erbpacht siehe W. Ruprecht: Die Erbpacht. Ein Beitrag zur Geschichte und Reform derselben insbesondere in Deutschland, Göttingen 1882.. Kloer hingegen scheint ein überzeugter Anhänger gewesen zu sein, denn er bot schon im März 1833 800 Morgen Gutsland in Lubsdorf zur Erbpacht an7Öffentlicher Anzeiger zum Amts-Blatt der Königl. Preuß. Regie- rung zu Marienwerder, Nr. 14. vom 5. April 1833, S. 122. und vererbpachtete im Frühjahr 1836 auch die beiden Marzdorfer Vorwerke Dreetz und Grünbaum. Aber zurück ins Jahr 1834 …
Im Vertrag mit Lorenz Neumann wurde das Erbstandsgeld auf 100 Taler und der Kanon, den Neumann zu Martini jedes Jahres abzuliefern hatte, auf »1 Thaler baar und ein Scheffel Roggen Berliner Maaß« festgelegt. Ursprünglich sollte die jährliche Abgabe zwei Taler und zwei Scheffel Roggen betragen, aber diese Werte wurden vor Abschluss gestrichen und um die Hälfte reduziert8Erbpachtvertrag verhandelt Marzdorff den 19ten Juni 1834. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6, Blatt 13 RS.. Das Erbstandsgeld sollte Neumann durch »Cession einer gleich hohen von dem Bauern Stanislaus Kluck rechtskräftig erstrittenen Summe«9Ebenda. aufbringen – aus welchem Rechtsstreit die Zahlung resultierte, wird nicht angegeben.
Das Grundstück wurde Lorenz Neumann zwar für »immerwährende Zeit«10A. a. O., Blatt 13 VS. überlassen, aber Kloer sicherte sich im Veräußerungsfall, »es sei an Fremde oder Verwandte«11A. a. O., Blatt 14 VS., ein Vorkaufsrecht zu. Nahm er dieses Recht nicht wahr, sollte ihm dennoch bei jedem Verkauf ein Laudemium von zehn Prozent des Kaufgeldes zufallen. Alle »auf der Erbpachtsgerechtigkeit ruhenden Lasten und Abgaben an die Kreiskasse, Geistlichkeit, Schulen« gingen mit Vertragsschluss auf Neumann über12A. a. O., Blatt 14 RS..
Das vererbpachtete Grundstück wird im Vertrag nur sehr oberflächlich beschrieben. Neben 42 Morgen 35 Quadratruten Ackerland und zwei Morgen 16 Quadratruten Wiesen umfasste es einen 127 Quadratruten großen »Küchengarten«, der »zwischen dem Hirtenhaus und dem Garten des Stanislaus Kluck […] am Boethinschen Ende«13A. a. O., Blatt 13 VS. des Dorfes lag. Außerdem gehörte »⅓ der Hüthungs-Befugniß« des Kluck’schen Bauernhofs auf dem nicht separierten Weideland der Marzdorfer Dorfgemeinde zum Pachtgut. Ein Wohnhaus oder andere Gebäude finden ebenso wenig Erwähnung wie ein Bestand an Vieh oder Wirtschaftsgeräten.
Wie bereits im Kapital über den Kluck’schen Bauernhof dargestellt, war dieser ursprünglich 146 Morgen 116 Quadratruten groß, von denen bei der Regulierung im Jahr 1826 102 Morgen 45 Quadratruten in den Besitz von Stenzel Kluck übergingen und 44 Morgen 71 Quadratruten – also etwas weniger als das flächenmäßige Drittel – an die Grundherrschaft zurückfielen14Separations- u. Regulierungs-Plan vom 28. Februar 1826. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 1, Blatt 28 VS bis 29 VS. Siehe dazu auch die Darstellung hier.. Von dem herrschaftlichen Anteil nahm Lorenz Neumann 44 Morgen 51 Quadratruten (etwa 11 Hektar Land) in Erbpacht. Sein Hof war damit deutlich größer als der Kossätenhof der Familie Schmikowski, der im Jahr 1837 30 Morgen 138 Quadratruten Acker und Wiesen umfasste15Inventarium Stenzel Garski. In: In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 2, Blatt 100 VS bis 101 VS..
Über die Person von Lorenz Neumann liegen verhältnismäßig viele Informationen vor. Er war vor 1770 in Marzdorf geboren und mit Dorothea Elisabeth geborene Schmidt verheiratet, einer Tochter des Krügers Christoph Schmidt. Aus dieser Ehe sind die folgenden Kinder bekannt:
- der Sohn Johann (1794-1859), der in Marzdorf von 1816 bis 1845 als Schullehrer und bis zu seinem Tod als Organist tätig war16Siehe dazu den Beitrag über Johann Neumann hier.;
- der Sohn Lorenz (* ca. 1800), der mit Anna Maria geborene Koltermann verheiratet war und 1825 als Stellmacher in Königsgnade lebte17Amtsgericht Märkisch Friedland: General-Akten betreffend die Kirchenbuchduplikate der Gemeinde Marzdorf 1823-1874. In: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 609/40, S. 7 und S. 25-26;
- der Sohn Jacob, geboren am 24. Juli 180418Tabelle von der Schule zu Martzdorff pro 1817. In: Regierung Marienwerder: Acta General. betr. die jährl. Schulmusterungen im Decanat Dt. Crone [1818 u. 1819] (Ost-Abt. Rep. A181 Nr. 7575), Fundort der Quelle: www.familysearch.org, LDS-Film 008206265, 1967. – Dort auch die beiden folgenden Geburtsdaten.;
- der Sohn Martin, geboren am 11. Mai 1807;
- die Tochter Anna Maria, geboren am 10. Juli 1810.
Lorenz Neumann wird im Erbpachtvertrag des Jahres 1834 als »ehemaliger Schullehrer«19Erbpachtvertrag verhandelt Marzdorff den 19ten Juni 1834. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6, Blatt 13 VS. bezeichnet, denn er hatte das Amt bereits zwei Jahrzehnte zuvor an seinen Sohn Johann übergeben, der 1816 an die Regierung in Marienwerder berichtete:
»Ich habe die Schulstunden bisher in der Wohnung meines Vaters abgehalten, allein dieser will solches nicht mehr haben […]. Mein Vater besitzt seine eigene Landschaft, er muß sich Gesinde gehalten, dahero ist es also wider die Natur, daß in dem Hause meines Vaters die Schulstube sein könne.«20Brief Neumanns an die Regierung in Marienwerder vom 25. April 1816: In: GStA PK, ⅩⅣ. HA, Rep. 181, Nr. 8839, S. 3.
Die Schultabelle des Jahres 1817 führt Neumann als »Freymann«21Tabelle von der Schule …, ebenda., die Grundakten aus dem Jahr 1819 als »Freibauer«22Separationsplan vom 6. Juli 1819. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 1, Blatt 26 VS bis 28 RS.. Im Jahr 1834 war das Vergangenheit: Neumann stand inzwischen im fortgeschrittenen Lebensalter und war offenkundig auch verarmt. Im einem Brief vom 10. März 1835 teilte er dem Kreisgericht in Märkisch Friedland mit, dass er einen geforderten »Stempelvorschuss« von drei Taler nicht zahlen könne. Er bat, die gerichtliche Verschreibung des Pachtvertrags dennoch zu vollziehen, weil er schwach sei und das Grundstück bald seinen Kindern übergeben müsse23Schreiben Neumanns vom 10. März 1835. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6, Blatt 16 VS.. Das Gericht gab der Bitte nicht nach, sondern wies den »Supplikanten« an, den Betrag binnen 14 Tagen einzuzahlen24Ebenda. Entwurf der Antwort auf dem Blatt.. Neumann konnte die Forderung jedoch erst im Juni des Jahres begleichen
25Schreiben Neumanns vom 24. Juni 1835. In: A. a. O., Blatt 19 VS., nachdem Kloer ihm 30 Taler zu fünf Prozent Zinsen geliehen hatte26Obligation vom 10. September 1835. In: A. a. O., Blatt 25 VS..
Die Forderung des Marzdorfer Gutsherrn sollte eigentlich in das Hypothekenbuch des Erbpachtgrundstücks eingetragen werden27Ebenda., aber dessen Ausstellung verzögerte sich bis in den Juli 183828Entwurf des Hypothekenbuchs vom 19. Juli 1838. In: A. a. O., Blatt 52 RS bis 53 RS.. Zuerst fehlte ein »Unschädlichkeits-Attest« der Landschaftsdirektion im Schneidemühl29Interner Vermerk vom 26. September 1837. In: A. a. O., Blatt 24 VS., dann die Zustimmung des Oberlandesgerichts in Marienwerder30Schreiben des Oberlandesgerichts vom 30. Juni 1838. In: A. a. O., Blatt 52 VS.. Die Kreisabgaben des »Lorenz Neumannschen Grundstücks« wurden gar erst im Dezember 1838 durch Landrat Zychlinski festgelegt31Schreiben Zychlinskis vom 7. Dezember 1838. In: A. a. O., Blatt 55 VS bis 56 VS.. Es entstand dadurch die paradoxe Situation, dass Lorenz Neumann gar nicht mehr Besitzer des Grundstücks war, als sämtliche Formalitäten der Besitzverschreibung an ihn endlich erfolgen konnten.
Bereits im Oktober 1835 hatte Neumann vor dem Marzdorfer Schulzen Morowski zu Protokoll gegeben, dass er das Erbpachtgrundstück möglichst bald gerichtlich an seinen Sohn Martin verschreiben wolle:
»Da ich nunmehr wegen Schwachheit meine Wirthschaft nicht bestreiten kann, so bin ich genöthigt und entschlossen mit Zustimmung meiner Frau und übrigen Kinder dieselbe meinem jüngsten Sohn namens Martin, so wie sie beschaffen, von meinem zu seinem Eigenthum abzutreten.«32Erklärung vom 11. Oktober 1835. In: A. a. O., Blatt 27 VS.
Das Patrimonialgericht setzte darauf einen Verhandlungstermin auf den 14. Januar 1836 in Märkisch Friedland an33Ebenda. Notiz auf Blatt., der aber auf Wunsch von Neumann nach Marzdorf selbst verlegt wurde und dort am 21. März des Jahres stattfand34Verhandelt M. Friedland am 14. Januar 1836. In: A. a. O., Blatt 28 VS.. Der Termin diente zur Aufnahme eines Überlassungs- und Leibgedinge-vertrages, der die »bereits geschehene Uebernahme«35Verhandelt Marzdorff den 21. März 1836. In: A. a. O., Blatt 29 VS. des Erbpachtgrundstücks durch den Sohn Martin regelte. Martin Neumann erhielt das »alleinige Eigenthum« zugesprochen, verpflichtete sich jedoch, seinen Eltern bis zu deren Lebensende das folgende jährliche Altenteil auszusetzen:
- sechs Scheffel Roggen;
- zwei Scheffel Gerste;
- einen halben Scheffel Erbsen;
- vier Metzen Salz;
- zwei Metzen Buchweizen auf vorbereitetem gutem Land;
- zwölf Scheffel Kartoffel;
- freie Weide und freies Futter für eine Kuh, zwei Schafe, ein Schwein und vier Hühner;
- die Benutzung von vier Quadratruten Gartenland36A. a. O., Blatt 29 RS u. 30 VS..
Ein Wohnrecht gehörte nicht zum Leibgedinge, wie überhaupt in dem Vertrag keine Bauten auf dem Erbpachtgrundstück erwähnt werden, dessen Wert »die Comparenten« auf sehr niedrige 100 Taler schätzten37A. a. O., Blatt 31 VS. Das Leibgedinge – das im Vergleich als maßvoll erachtet werden muss38Auch im Vergleich zu dem Altenteil, das Johann Schmikowski 1846 seiner Mutter aussetzte. Siehe dazu hier. – sollte zur Absicherung in die zweite Rubrik des Hypothekenbuchs eingetragen werden39Verhandelt Marzdorff den 21. März 1836. In: A. a. O., Blatt 30 VS., das freilich noch gar nicht existierte.
Neben den Eltern hatte Martin Neumann seine Schwester Anna Maria für die Übernahme zu entschädigen: Als »älterliches Erbtheil« standen ihr bei Verheiratung entweder 50 Taler oder »drei Cullmische Morgen Acker« zu40A. a. O., Blatt 30 RS..
Bei der Vertragsverhandlung war auch der »Besitzer der Marzdorffschen Güter, der Stadtrichter Kloer« anwesend, der »für diesen Fall« auf das ihm zustehende Vorkaufsrecht und das Laudemium verzichtete41A. a. O., Blatt 31 VS.. Martin Neumann erklärte sich bereit, die Schulden von 30 Taler, die seine Eltern bei Kloer hatten, als Selbstschulden zu übernehmen42A. a. O., Blatt 30 VS. und hatte auch die Kosten des Vertrages zu tragen43A. a. O., Blatt 30 RS..
Anfang Mai 1837 wurde Martin Neumann bei der Separation der gemeinschaftlichen Weide in Marzdorf berücksichtigt44Schreiben der Königl. Special Kommission vom 14 Mai 1837. In: A. a. O., Blatt 33 VS. – Nähere Details zur Separation fehlen in der Grundakte., aber schon am 22. Mai kündigte er vor Gericht in Märkisch Friedland an, das Grundstück an seinen Bruder, dem »Stellmacher Lorenz Neumann zu Königsgnade« käuflich überlassen« zu wollen45Verhandelt Mk. Friedland den 22. Mai 1837. In: A. a. O., Blatt 34 VS.. Das Gericht setzte dazu einen Termin an, der am 23. Februar 1838 in Tütz stattfand. Im Kaufvertrag verabredeten die beiden Brüder ein Kaufgeld von 213 Taler 17 Silbergroschen46Verhandelt Tütz den 23. Februar 1838. In: A. a. O., Blatt 46 RS. für das nicht näher beschriebene Grundstück, das Lorenz Neumann bereits übernommen hatte. Das Kaufgeld sollte wie folgt aufgebracht werden:47A. a. O., Blatt 48 RS.
- Lorenz Neumann hatte die oben erwähnte Schuld von 30 Talern gegenüber Kloer zu übernehmen;
- er hatte eine weitere Schuld gegenüber Kloer von 29 Taler 17 Silbergroschen zu übernehmen, die aus dem Juli 1837 herrührte;
- er hatte eine Schuld von 54 Taler gegenüber dem Freischulzen Matthias Storch in Brunk zu übernehmen, die ebenfalls aus dem Juli 1837 herrührte;
- er hatte die Verpflichtung im Wert von 50 Taler gegenüber der Schwester Anna Maria zu übernehmen, die im Überlassungsvertrag vom März 1836 aufgeführt war;
- er hatte seinem Bruder 50 Taler in bar zu zahlen.
Zudem verpflichtete sich Lorenz Neumann, das vertraglich festgelegte Leibgedinge gegenüber den Eltern weiter zu bedienen48A. a. O., Blatt 47 VS bis 48 VS. und die Kosten des Kaufvertrags zu tragen49A. a. O., Blatt 48 VS..
Beiden Brüdern war bekannt, dass Kloer ein Vorkaufsrecht zustand und dass zusätzlich zehn Prozent des Kaufgeldes an ihn zu zahlen waren, falls er es nicht ausübte50A. a. O., Blatt 49 VS.. Der Gutsherr von Marzdorf wurde am Tag des Vertragsabschlusses vom Patrimonialrichter Matthaei unterrichtet51A. a. O., Blatt 49 RS. Bearbeitungsnotiz von Matthaei. und äußerte sich am 4. März 1838 zur Überraschung aller Beteiligten so:
»In der Martin und Lorenz Neumannschen Kontrackts-Sache erkläre ich auf die geehrte Aufforderung vom 23ten v. M. daß ich das Vorkaufs-Recht ausüben, das Grundstück also gegen Zahlung des Kauf Preises von 231 rth und Übernahme des Leibgedinges als Eigenthum annehmen werde.«52Schreiben Kloers vom 4. März 1838. In: A. a. O., Blatt 51 VS.
Vermutlich meinte Kloer diese Absichtserklärung niemals ernst, sondern äußerte sie nur, um den Abstandszahlung in die Höhe zu treiben. Das Manöver gelang: In das Hypothekenbuch der Erbpachtgerechtigkeit Marzdorf Band Ⅰ, Blatt Nr. 6 wurde am 4. November 1839 – also anderthalb Jahre später – eine Hypothek über 116 Taler zuzüglich fünf Prozent Zinsen für Kloer eingetragen53Hypotheken-Schein vom 4. November 1839. In: A. a. O., Blatt 72 RS., dem aus seinen Forderungen und dem Laudemium lediglich 81 Taler zugestanden hätten. Kloers Schuld stand zwar an zweiter Stelle der dritten Rubrik, genoss aber Priorität vor dem Elternteil von Anna Maria Neumann, das an erster Stelle verzeichnet war.54A. a. O., Blatt 72 VS. An dritter Stelle wurde die Forderung des Freischulzen Storch über 54 Taler aufgenommen, die ebenfalls mit fünf Prozent zu verzinsen war55A. a. O., Blatt 73 VS..
Am gleichen Tag wurde auch der Besitztitel im Hypothekenbuch auf Lorenz Neumann berichtigt56Hypothekenbuch. In: A. a. O., Blatt 7 RS.. Für das Verfahren, das Kloer so lange verzögert hatte, waren zwischenzeitlich Kosten in Höhe von 29 Taler sechs Silbergroschen aufgelaufen57Kostenrechnung vom 10. Juni 1840. In: A. a. O., Blatt 79 VS. – und Neumann war nicht zahlungsfähig. Im Mai 1840 versuchte das Gericht einen Stempelvorschuss von fünf Talern durch den Briefträger Klawitter einziehen zu lassen58Bearbeitungsvermerk vom 10. Juni 1840. A. a. O., Blatt 77 VS., der jedoch nur zwei Taler erhalten konnte. Am 10. Juni 1840 leitete das Patrimonialgericht daraufhin die Subhastation des Grundstücks ein59Decret in der Lorenz Neumannschen Subhastationsache vom 28. Mai 1840. In: A. a. O., Blatt 78 VS..
Wird fortgesetzt …
Anmerkungen:
- 1Sąd Obwodowy w Mirosławcu (Amtsgericht Märkisch Friedland): Marzdorf [Marcinkowice] Band I, Blatt 6 Seite 82 Besitzer: Felix Schulz, Laufzeit 1834-1937, Signatur 26/112/0/3/166 im AP Koszalin. – Im Folgenden zitiert als: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6.
- 2A. a. O., Umschlag.
- 3Erbpachtvertrag, verhandelt in Marzdorff am 19. Juni 1834. In: A. a. O., Blatt 13 VS.
- 4Öffentlicher Anzeiger zum Amts-Blatts der Köngl. Preuß. Regierung zu Marienwerder, Nr. 13 vom 1. April 1825, S. 99.
- 5Die Adjudikation zum Verkauf an Kloer erfolgte erst am 8. Dezember 1832. Siehe dazu: Brief von Grabskis an Friedrich Wilhelm III. vom 18. März 1833. In: Königliches Civil-Kabinet: Reclamationen des Gutsbesitzers von Grabski, GStA PK, 1. HA, Rep. 89, Nr. 30899, unpaginiert.
- 6Zur Debatte um die Erbpacht siehe W. Ruprecht: Die Erbpacht. Ein Beitrag zur Geschichte und Reform derselben insbesondere in Deutschland, Göttingen 1882.
- 7Öffentlicher Anzeiger zum Amts-Blatt der Königl. Preuß. Regie- rung zu Marienwerder, Nr. 14. vom 5. April 1833, S. 122.
- 8Erbpachtvertrag verhandelt Marzdorff den 19ten Juni 1834. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6, Blatt 13 RS.
- 9Ebenda.
- 10A. a. O., Blatt 13 VS.
- 11A. a. O., Blatt 14 VS.
- 12A. a. O., Blatt 14 RS.
- 13A. a. O., Blatt 13 VS.
- 14Separations- u. Regulierungs-Plan vom 28. Februar 1826. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 1, Blatt 28 VS bis 29 VS. Siehe dazu auch die Darstellung hier.
- 15Inventarium Stenzel Garski. In: In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 2, Blatt 100 VS bis 101 VS.
- 16Siehe dazu den Beitrag über Johann Neumann hier.
- 17Amtsgericht Märkisch Friedland: General-Akten betreffend die Kirchenbuchduplikate der Gemeinde Marzdorf 1823-1874. In: Archiwum Państwowe w Koszalinie, Signatur 609/40, S. 7 und S. 25-26
- 18Tabelle von der Schule zu Martzdorff pro 1817. In: Regierung Marienwerder: Acta General. betr. die jährl. Schulmusterungen im Decanat Dt. Crone [1818 u. 1819] (Ost-Abt. Rep. A181 Nr. 7575), Fundort der Quelle: www.familysearch.org, LDS-Film 008206265, 1967. – Dort auch die beiden folgenden Geburtsdaten.
- 19Erbpachtvertrag verhandelt Marzdorff den 19ten Juni 1834. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6, Blatt 13 VS.
- 20Brief Neumanns an die Regierung in Marienwerder vom 25. April 1816: In: GStA PK, ⅩⅣ. HA, Rep. 181, Nr. 8839, S. 3.
- 21Tabelle von der Schule …, ebenda.
- 22Separationsplan vom 6. Juli 1819. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 1, Blatt 26 VS bis 28 RS.
- 23Schreiben Neumanns vom 10. März 1835. In: Grundakte Marzdorf Bd. Ⅰ, Bl. Nr. 6, Blatt 16 VS.
- 24Ebenda. Entwurf der Antwort auf dem Blatt.
- 25Schreiben Neumanns vom 24. Juni 1835. In: A. a. O., Blatt 19 VS.
- 26Obligation vom 10. September 1835. In: A. a. O., Blatt 25 VS.
- 27Ebenda.
- 28Entwurf des Hypothekenbuchs vom 19. Juli 1838. In: A. a. O., Blatt 52 RS bis 53 RS.
- 29Interner Vermerk vom 26. September 1837. In: A. a. O., Blatt 24 VS.
- 30Schreiben des Oberlandesgerichts vom 30. Juni 1838. In: A. a. O., Blatt 52 VS.
- 31Schreiben Zychlinskis vom 7. Dezember 1838. In: A. a. O., Blatt 55 VS bis 56 VS.
- 32Erklärung vom 11. Oktober 1835. In: A. a. O., Blatt 27 VS.
- 33Ebenda. Notiz auf Blatt.
- 34Verhandelt M. Friedland am 14. Januar 1836. In: A. a. O., Blatt 28 VS.
- 35Verhandelt Marzdorff den 21. März 1836. In: A. a. O., Blatt 29 VS.
- 36A. a. O., Blatt 29 RS u. 30 VS.
- 37A. a. O., Blatt 31 VS.
- 38Auch im Vergleich zu dem Altenteil, das Johann Schmikowski 1846 seiner Mutter aussetzte. Siehe dazu hier.
- 39Verhandelt Marzdorff den 21. März 1836. In: A. a. O., Blatt 30 VS.
- 40A. a. O., Blatt 30 RS.
- 41A. a. O., Blatt 31 VS.
- 42A. a. O., Blatt 30 VS.
- 43A. a. O., Blatt 30 RS.
- 44Schreiben der Königl. Special Kommission vom 14 Mai 1837. In: A. a. O., Blatt 33 VS. – Nähere Details zur Separation fehlen in der Grundakte.
- 45Verhandelt Mk. Friedland den 22. Mai 1837. In: A. a. O., Blatt 34 VS.
- 46Verhandelt Tütz den 23. Februar 1838. In: A. a. O., Blatt 46 RS.
- 47A. a. O., Blatt 48 RS.
- 48A. a. O., Blatt 47 VS bis 48 VS.
- 49A. a. O., Blatt 48 VS.
- 50A. a. O., Blatt 49 VS.
- 51A. a. O., Blatt 49 RS. Bearbeitungsnotiz von Matthaei.
- 52Schreiben Kloers vom 4. März 1838. In: A. a. O., Blatt 51 VS.
- 53Hypotheken-Schein vom 4. November 1839. In: A. a. O., Blatt 72 RS.
- 54A. a. O., Blatt 72 VS.
- 55A. a. O., Blatt 73 VS.
- 56Hypothekenbuch. In: A. a. O., Blatt 7 RS.
- 57Kostenrechnung vom 10. Juni 1840. In: A. a. O., Blatt 79 VS.
- 58Bearbeitungsvermerk vom 10. Juni 1840. A. a. O., Blatt 77 VS.
- 59Decret in der Lorenz Neumannschen Subhastationsache vom 28. Mai 1840. In: A. a. O., Blatt 78 VS.