Lubsdorf in der Gebäudesteuerrolle von 1897

Im Herbst des vergangenen Jahres digitalisierte Leszek Ćwikliński im Archiwum Państwowe w Koszalin einen umfangreichen Bestand an Grundsteuerakten des Katasteramts in Deutsch Krone, der inzwischen für registrierte Nutzer der Plattform metryki.genbaza.pl zugänglich ist. Unter den Akten befindet sich auch eine Gebäudesteuerrolle von Lubsdorf, die ursprünglich im Jahre 1897 angelegt und bis 1909 fortgeschrieben wurde. Im Archiv in Köslin trägt die Rolle die Signatur 26/75/0/1/16, auf Genbaza ist sie (für registrierte Nutzer) hier zu finden. Ich habe die Namen und die wichtigsten Angaben aus der Gebäudesteuerrolle in eine Tabelle übernommen, die einen Einblick in die sozialen Verhältnisse in Lubdorf an der Wende zum 20. Jahrhundert gibt. Leider sind ähnliche Rollen für Brunk, Königsgnade und Marzdorf nicht überliefert.

Titelseite der Akte mit dem Stempel des Katasteramts in Deutsch Krone

Wie der Name schon verrät, werden in einer Gebäudesteuerrolle nur die Eigentümer von Gebäuden in einer Gemeinde aufgeführt. Mieter, Pächter, Knechte und Mägde sowie alle Familienangehörigen fehlen. Lubsdorf präsentiert sich in der Gebäudesteuerrolle als klassisches Bauerndorf: Unter den aufgeführten 61 Gebäudebesitzern sind 17 Eigentümer eines Bauernhofs, acht eines Halbbauernhofs und fünf eines Kossäthenhofs. Auf die weitgehend landlosen Häusler entfallen 15 Nennungen, auf die Halbhäusler zehn. Drei Stellen im Dorf waren 1897 unbebaut, ein bebautes Grundstück gehörte zur Gastwirtschaft, auf je einem stand die Kirche und die Schule. An gewerblichen Betrieben gab es im Dorf die Schmiede, die sich im Gemeindebesitz befand, die Mühle von Albert Lange und die Stellmacherei von Martin Schulz. Die Steuerbehörden erfassten das Mühlenensemble formal als Häusler- und die Stellmacherei als Büdnerstelle.

Wie erwartet finden sich unter den 13 am höchsten bewerteten Gebäudeensembles (jährlicher Nutzungswert > 130 Mark) elf Bauernhöfe, aber auch ein Kossäthen- und ein Halbbauernhof. Die höchsten Summen (240 Mark) entfielen auf die vier Freibauernhöfe, die in Lubsdorf mindestens seit dem 18. Jahrhundert bestanden. Ihre Eigentümer hießen 1897 August Lange, Florian Manthey, Gustav Heymann und Johann Schulz. Interessant ist, dass sich unter den 17 am niedrigsten bewerteten Gebäuden (jährlicher Nutzungswert < 40 Mark) auch ein Bauernhof und ein Halbbauernhof neben den vermuteten Häusler- und Halbhäuslerstellen finden. Fünf Besitzgrundstücke im Dorf gehörten Witwen, weitere zwei Besitzerinnen war unverehelicht – darunter auch die Gastwirtin Julianne Garske.

Wie erwartet sind auch die bebauten Flächen (die allerdings nur in wenigen Fällen angegeben sind) bei den Bauernhöfen sehr viel größer als bei Häuslerstellen. Der Bauernhof Nummer 46 von Albert Manthey und Apollonia geb. Kluck ist beispielsweise mit einer bebauten Fläche von 30 Ar eingetragen, die Häuslerstelle Nr. 19 von Josef Günterberg und Maria geb. Garske maß hingegen nur 1 Ar und 30 Quadratmeter.

Interessant sind auch die jährlichen Anhänge zur Rolle, die bis 1909 vorliegen. Insgesamt sind hier 67 bauliche Veränderungen verzeichnet, die jedoch lediglich 36 der Gebäudeeigentümer betreffen.

Neue Wohnhäuser (an Stelle der alten) wurden in elf Fällen errichtet, von denen sieben auf Bauernhöfe entfallen, nämlich auf Rosalia Schulz geb. Heymann (1896/97), Emil Koplin (1898/99), Stephan Schmidt II (1899), Bernhard Harske (1900), Franz Heymann (1904), Johann Schmidt mit Maria geb. Heymann (1906) sowie Bernhard Schulz (1908). Ebenfalls ein neues Wohnhaus errichteten das Häuslerpaar Johann Remer u. Dorothea geb. Garske (1899) und die drei Halbhäusler August Garske mit Maria geb. Polzin (1898/99), Michael Kluck (1898/99) und Johann Will mit Rosalia geb. Manthey (1908).

Zwischen 1897 und 1910 entstanden in Lubsdorf auch zwei komplett neue Gehöfte: 1897 errichtete der Tagelöhner August Rohbeck ein Wohnhaus mit Stall und Scheune; zwischen 1899 und 1901 bauten die oben erwähnten Josef Günterberg und Maria geb. Garske einen neuen Hof an der Chaussee nach Marzdorf. Sie begannen mit dem Wohnhaus, dem erst zwei Jahre später die Scheune folgte. Ihre Häuslerstelle 19 im Dorf übernahm Johann Knaps, der mit Anna geb. Garske verheiratet war und 1904 eine neue Scheune mit Stall errichtete.

Die meisten Baumaßnahmen, die in der Gebäudesteuerrolle erfasst sind, betreffen die Wirtschaftsgebäude: Ställe, Scheunen, Backhäuser, Maschinenschuppen und Wagenremisen. Darin zeigt sich gewiss das Interesse der Landwirte, ihre Wirtschaften zu modernisieren und zu intensivieren. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Gebäude massiv errichtet wurde, wie es im gesamten Kreis Deutsch Krone üblich geworden war.

Aus der Fortschreibung der Gebäudesteuerrolle lassen sich auch Besitzveränderungen ablesen. So brannte der Freibauernhof von Johann Schulz am 15. Oktober 1905 teilweise ab. Klara Schulz, die Witwe von Johann, der bei dem Brand vielleicht ums Leben kam, heiratete August Rump, der 1906 Scheune und Stall neu errichten ließ. Von dem Brand war auch der Halbbauernhof 26 der Witwe Apollonia Buske geb. Garske betroffen. Auch sie heiratete vor 1906 – und zwar August Quade, der Scheune, Stall und Waschküche wieder aufbaute. Die Lubsdorf Mühle wurde um 1902 von Ambrosius Stelter übernommen, der das Gebäude abbrechen ließ. Die Gastwirtschaft von Julianne Garske erwarb vor 1908 der Schneidermeister Anton Schulz mit seiner Ehefrau Antonia geb. Schulz, der den Wirtshausbetrieb vermutlich nicht fortsetzte. Durch den Tod von August Schulz fiel der Bauernhof Nr. 37 1902 an seine Witwe Maria geb. Heymann, die vor 1903 Johann Schmidt heiratete. Durch Vermählung mit der Eigentümerin Agnes Schulz erwarb vor 1903 auch Emil Brose den Bauernhof Nr. 39.

Ansichtskarte von Lubsdorf mit Bild der Mühle, die 1902 abgebrochen wurde.

In der nachfolgenden Tabelle werden für die verschiedenen Gebäudetypen folgende Abkürzung benutzt: W = Wohnhaus, H = Hofraum, G = Hausgarten, Sch = Scheune, We = Werkstatt . Der Buchstabe S bedeutet immer Stall, wobei jener aber häufig näher spezifiziert wird. Dabei gilt: VS = Viehstall, PS = Pferdestall, SS = Schweinestall, SfS = Schafstall, ZS = Ziegenstall, KS = Kuhstall, KäS = Kälberstall, HS = Hühnerstall und GS = Gänsestall. Weitere Kombinationen sind möglich, so PSfSS = Pferde-, Schaf- u. Schweinestall oder PKäS = Pferde- u. Kälberstall. Das Kürzel SchS (oder SSch) bedeutet hingegen Scheune mit Stall (oder Stall mit Scheune). Übrigens werden in der Gebäudesteuerrolle nur 15 Pferdeställe dezidiert ausgewiesen, diese Zahl ist sicherlich zu niedrig.

Nr.BezeichungBesitzerStandvorh. Gebäudederen FlächeJährl. NutzungswertGrundakten-Nr.
1Kossäthenhof 1Schulz, MartinKossäthWHG, VS, PGS, Schfehlt120 Mark22
2fällt aus
3Halbhäuslerstelle 2Will, MartinHäuslerWHG, Sfehlt24 Mark36
4Bauernhof 3Harske, BernhardAckerwirthWHG, VS, SS, Schfehlt150 Mark10
5Bauernhof 4Teske, Johann u. Marie geb. BrieskeBauernhofbesitzerWHG, KPSS, PKäS, Sch, KäS, HSfehlt150 Mark14
6Bauernhof 5Lange, AugustFreibauernhofbesitzerWHG, PSfSS, KKäGS, Schfehlt240 Mark3
7Bauernhof 6Manthey, FlorianFreibauernhofbesitzerWHG, PGS, VS, Schfehlt240 Mark4
8Halbbauernhof 7Radtke, StephanBesitzerWHG, GSZS, PVS, Schfehlt120 Mark17
9Halbbauernhof 8Knaps, Rosalia geb. MantheyWitweWG, VS2 Ar 30 qm24 Mark46
10dto. 8Schulz, AugustArbeitsmannWHG, SchS3 Ar 80 qm45 Mark47
11Halbbauernhof 9Manthey, JohannAckerwirthWHG, VS, SGS, Sch6 Ar 60 qm120 Mark45
12Bauernhof 16Buske, Apollonia geb. SchulzWHG, KSfS, PSS, Schfehlt180 Mark15
13Bauernhof 11Heymann, GustavFreibauernhofbesitzerWHG, KSfS, SS, PS, Schfehlt240 Mark5
14Bauernhof 12Heymann, FranzBauernhofbesitzerWHG, PS, VS, Schfehlt150 Mark11
15fällt aus
16Halbbauernhof 13Manthey, JohannArbeitsmannWH, S1 Ar 40 qm45 Mark62
17Halbhäuslerstelle 13Schulz, Apollonia geb. WillWitweWH, SSch2 Ar 1 qm45 Mark35
18Bauernhof 14Buske, Martin u. Apollonia geb. SchulzBauernhofbesitzerWHG, PVS, SSfS, Schfehlt180 Mark12
19Bauernhof 15Schulz, Rosalia geb. HeymannWitweWHG, PS, Schfehlt24 Mark16
20Häuslerstelle 16Teske, Rosalia geb. SchulzWitweWHG, SSch2 Ar 30 qm36 Mark40
21Häuslerstelle 17Kalinowski Johann u. Apollonia geb. SchmidtWHG, S3 Ar 70 qm45 Mark34
22KossäthenhofManthey, JohannKossäthenhofbesitzerWHG, VS, SfGS, Sch9 Ar 60 qm105 Mark20
23Häuslerstelle 19Guenterberg, Josef, u. Maria geb. GarskeWH, S1 Ar 30 qm36 Mark31
24Gastwirthschaft 20Garske, Julianneunverehelichte GasthofsbesitzerinWH, S2 Ar 30 qm120 Mark50
25HäuslerstelleGarske, MartinArbeitsmannWH, S1 Ar 64 qm45 Mark41
26Halbhäuslerstelle 21Will, JosephArbeitsmannWH, S3 Ar 10 qm45 Mark24
27HalbhäuslerstelleRemer, StephanLandwirtWH, S, Sch3 Ar 10 qm45 Mark24
28Häuslerstelle 23Schmidt, Gustav u. Veronika geb. WillHausbesitzerWHG, S, S4 Ar 20 qm60 Mark30
29Bauernhof 24Schmidt, Martin u. Agatha geb. SchulzAckerwirthWHG, VS, VS, Sch25 Ar 30 qm105 Mark6
30Bauernhof 25Schulz, JohannFreibauernhofbesitzerWHG, VS, VS, Sch25 Ar 10 qm240 Mark1
31Halbbauernhof 26Buske, Apollonia geb. GarskeWitweWHG, S, Sch13 Ar 29 qm105 Mark7
32Häuslerstelle 27Remer, Johann u. Dorothea geb. GarskeWH, S1 Ar 40 qm18 Mark48
33Häuslerstelle 28Schulz, MartinHausbesitzerWHG, S1 Ar 50 qm75 Mark49
34Bauernhof 29Koplin, EmilBauernhofbesitzerWHG, VS, SfS, SfS, Schfehlt150 Mark8
35Halbhäuslerstelle 30Garske, August u. Maria geb. PolzinArbeitsmannWH, S, Sch (Abbau)fehlt24 Mark23
36Halbhäuslerstelle 30Kluck, MichaelHäuslerWH, S, Schfehlt24 Mark23
37Bauernhof 31Schmidt, Stephan IIBauernhofbesitzerWHG, VS, PS, Schfehlt105 Mark9
38Schmiedhaus 31bGemeindeWHG, SSch, Schmiedefehlt36 Mark
39KossäthenhofWill, JohannKossäthenhofbesitzerWHG, KS, PS, SfKäS, Schfehlt135 Mark19
40Häuslerstelle 33Schulz Martin u. Maria geb. SchulzWHG, KSSfS, ZSfSfehlt36 Mark33
41Halbhäuslerstelle 34Heymann, Johann IIArbeitsmannWHG, KSGSfehlt36 Mark29
42Halbhäuslerstelle 34Heymann, Johann IArbeitsmannWHG, VSfehlt36 Mark29
43Kossäthenhof 35Schulz, Apollonia geb. BuskeWHG, VS, PSS, Schfehlt105 Mark21
44Schulhaus 35bGemeindeWHG, SchSfehlt
45BüdnerstelleSchulz, MartinStellmacherWHG, SSch, Werkstattfehlt36 Mark52
46Bauernhof 37Schulz, AugustBauernhofbesitzerWHG, SS, VS, Schfehlt105 Mark13
47Häuslerstelle 38Schulz, JosephHausbesitzerWHG, Sch, Sfehlt75 Mark32
48Bauernhof 39Schulz, AgnesWHG, VS, PS, VS, Schfehlt180 Mark2
49Halbbauernhof 40 u. 41Schulz, Michael u. Ottilie geb. QuadeAckerwirthWHG, PVS, W, SSch, Sfehlt135 Mark27
50Halbhäuslerstelle 42Robeck, ApolloniaunverehelichtWHG, Sfehlt36 Mark28
51Häuslerstelle 42 AnteilRobeck, JohannArbeitsmannWHG, Sfehlt36 Mark28
52Häuslerstelle 43Krüger, Apollonia geb. SchulzWS, Sch (Abbau)fehlt36 Mark26
53Halbhäuslerstelle 44Schulz, BernhardHausbesitzerWHG, S, Schfehlt45 Mark44
54Häuslerstelle 45Lange, AlbertMüllerWHG, SSch, Windmühle10 Ar 20 qm105 Mark39
55KircheKircheKirchefehlt
56Bauernhof 46Manthey, Albert u. Apollonia geb. KluckLandwirthWHG, VS, SfS, SGS, Sch30 Ar105 Mark18
57Halbhäuslerstelle 26Harske, Joseph u. Maria geb. MantheyBesitzerWHG, VS, Sch16 Ar 46 qm120 Mark51
58Halbbauernhof 47Buske Mathias u. Apollonia geb. KalinowskiAckerwirthWHG, Sch, VS16 Ar 18 qm36 Mark63
59Bauernhof 46Schulz, BernhardAckerwirthWHG, VS, Sch24 Ar 97 qm105 Mark74
60Häuslerstelle 21Schulz, MichaelArbeitsmannWH, S1 Ar 61 qm45 Mark78
61Halbbauernhof 49Will, JosephAckerwirthWHG, S, Sch12 Ar 19 qm60 Mark69
62Kossäthenstelle 48Will, AugustAckerwirthWHG, VS, VS, Sch8 Ar 85 qm60 Mark76
63fällt aus
64Häuslerstelle 50Schmidt, Johann u. Anna geb. SchmidtStellmacherWH, SSch7 Ar60 Mark79
65Ansiedlung 1897Rohbeck, AugustTagelöhnerW, SSchfehlt75 Mark
66Ansiedlung 1899-1901Günterberg, Josef u. Maria geb. GarskeW, Schfehlt45 MarkChaussee nach Marzdorf
68Halbhäuslerstelle, 1902Will, BernhardEigentümer½ W ½ Sch45 Mark½ von 76
69Halbhäuslerstelle, 1903Ziebarth, MartinHäusler½ W ½ Sch24 Mark½ von 39

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